Der Skandal rund um die Corona-Infektionen bei der Firma Tönnies hat viele Missstände ans Licht gebracht, auch in Oelde. Auch hier wohnen viele Menschen, die in dem Unternehmen arbeiten. Dass besonders die Menschen, die dort als Werkvertragsarbeiter über Subunternehmer beschäftigt sind, unter schlechten Bedingungen arbeiten und wohnen, ist schon lange klar. „Die großen Unterkünfte sind offensichtlich, aber in Oelde gibt es mehr als 170 kleinere Wohneinheiten, die teilweise auch der Verwaltung nicht bekannt waren. Hier brauchen wir mehr Kontrolle“, so Florian Westerwalbesloh, Fraktionsvorsitzender der Oelder SPD.
Was man gegen diese schlechten Bedingungen auf kommunaler Ebene stärker unternehmen kann, wollte die SPD-Fraktion wissen und suchte das Gespräch mit Volker Brüggenjürgen. Der Vorstand des Caritasverbandes für den Kreis Gütersloh e.V. und Fraktionsvorsitzende der Grünen in Rheda-Wiedenbrück setzt sich seit Jahren sowohl politisch als auch beruflich mit der Thematik auseinander.
Brüggenjürgen erklärt, dass es immer einen sehr „kooperativen“ Umgang mit dem Unternehmen Tönnies von Seiten der Stadt Rheda-Wiedenbrück gegeben habe, schließlich profitiere die Stadt finanziell enorm davon. Er kann sich jedoch nur schwer erklären, warum auch die Bürger/innen diese öffentlich bekannten Missstände lange Zeit quasi ignoriert haben: „Vielleicht war es deshalb für viele lange akzeptabel, weil sie dachten, dass die Menschen (hauptsächlich junge Männer) nur für ein paar Monate unter diesen schlechten Bedingungen wohnen und arbeiten und dafür der Verdienst im Vergleich zum Herkunftsland enorm ist. Dies ist aber längst nicht mehr so. Die Menschen bleiben und haben Familie hier“, so Brüggenjürgen.
„Was gibt es konkret für uns als Kommunalpolitiker für Maßnahmen, Einfluss auf diese Bedingungen zu nehmen?“, erkundigte sich Nadine Diekmann, Vorsitzende des SPD Ortsvereins Oelde.
Laut Brüggenjürgen gibt es zwei wichtige Bereiche: Kontrolle und Beratung. „Aus städtischer Sicht kann man Wohnraumkontrollen einführen bzw. bestehende verschärfen. Die Kriterien für den Standard legt die jeweilige Kommune fest. Besonders die Ankündigung, auch unangemeldeter, Kontrollen führen oft dazu, dass sich Bedingungen durch die Subunternehmer verbessern.“ Zudem sei es wichtig, Wohnraum nicht beliebig durch Nutzungsänderungen in Beherbergungsbetriebe umzuwandeln, so Brüggenjürgen.
Besonders in den Oelder Ortsteilen gibt es einiger solcher Beherbergungsbetriebe. Hiltrud Krause (SPD Stromberg und Vorsitzende des Sozialausschusses) erkundigt sich, was man im Bereich der Integration für die Menschen tun kann.
„Organisierte Sprachkurse werden selten angenommen, da sie mit der Arbeitszeit nicht vereinbar sind. Hier helfen niedrigschwellige Angebote wie z.B. Eltern-Kind-Cafés, bei denen auch soziale Kontakte geknüpft werden können“, erklärt Brüggenjürgen. Wichtig sei aber auch ein professionelles Beratungsangebot für die Menschen, welches sich in drei Bereiche unterteile: Arbeitsrecht, Beratung und Hilfestellung bei Anträgen und psychosoziale Beratung. „Eine Überlastung im Beruf, schlechte Wohnbedingungen, das Gefühl der sozialen Isolation und Hilflosigkeit aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse, all das führt oft auch zu psychischen Belastungen die sich dann durch den übermäßigen Gebrauch von Suchtmitteln, Aggressionen und Gewalt, auch gegen die eigene Familie zeigen können. Seit Jahren beraten wir von der Caritas im Kreis Gütersloh diese Menschen muttersprachlich um ihnen bei der Bewältigung ihrer Probleme zu helfen.“
Solche Angebote der Beratung, aber auch stärkere Kontrollen seien auch für Oelde in Zukunft unverzichtbar, resümieren die Mitglieder der SPD-Fraktion.