Haushaltsrede 2017

Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Knop,
sehr geehrte Mitglieder des Rates,

Warum stehe ich hier?
Warum stand Herr Drinkuth für die CDU hier und warum werden Herr Niebusch, Frau Köß und Frau Wiemeyer hier gleich am Rednerpult stehen?

Warum haben wir letzten Montag im Finanzausschuss mehr als fünf Stunden gemeinsam gerungen – die allermeisten von uns nach einem mehr oder minder anstrengenden Arbeitstag. Warum?

Es stimmt, auch die Damen und Herren der Verwaltung sitzen hier mit uns – aber Ihre Motivation ist sicherlich eine andere. Sie sind im guten Sinne „Professionelle“. Wir anderen 32 ehrenamtliche Ratsmitglieder sind – seien wir ehrlich – eigentlich blutige Amateure, die sich zahlreiche Abende und teils Nächte um die Ohren hauen. Warum?

Vielleicht ist bei der Einen oder dem Anderem auch eine Portion Selbstdarstellung dabei – aber es gibt dafür sicherlich angenehmere Bühnen.
Warum also sitzen wir hier? Manchmal sogar an unseren eigenen Geburtstagen?

Nun, ich glaube, ich kann Ihnen dies zumindest für Achim Berkenkötter, Edmund Dalecki, Ernst-Rainer Fust, Beatrix Koch, Hiltrud Krause, Werner Pötter, Florian Westerwalbesloh, Michael Zummersch und mich selbst beantworten.

Wir sitzen hier, weil es um die Menschen in dieser, unserer, meiner Stadt geht. Weil wir diese Menschen ernst nehmen. Weil wir unsere Verantwortung gegenüber diesen Menschen ernst nehmen. Weil wir denen eine Stimme geben, denen man oft nicht einmal zuhört. Weil wir nicht nur Lobbyisten die politische Plattform überlassen wollen.

Brauchen die Oelderinnen und Oelder eine teure, gesteuerte Diskussion über den „Markenkern“ dieser Stadt? Brauchen sie eine Fassaden-Erneuerung auf der rückwärtigen Seite der Langen Straße? Oder eine Diskussion über die Öffnung der Innenstadt für Fahrzeuge? Nach unserer Erfahrung sind dies nicht die Probleme die die Menschen hier täglich bewegen.

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Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
95 % des Haushaltes sind mehr oder minder für alle tragbar, da es sich um Pflichtaufgaben oder Konsens handelt, aber die weiteren
5 % machen halt den Unterschied zwischen den verschiedenen Sichtweisen, wie und für wen man in dieser Stadt Politik betreibt.

Deshalb handeln wir nicht verantwortungslos, wenn wir den vorliegenden Haushalt ablehnen, sondern in Verantwortung vor den Bürgerinnen und Bürgern deren Mandat wir haben und deren Interessen wir hier vertreten.

Selbst wenn sich Bürger aktiv um Ihre Belange kümmern und um Lösung bei den politisch Verantwortlichen ersuchen, stellen sie sich von der CDU taub und machen ihre „alternativlose“ Politik. Und dann bezeichnen sie im letzten Finanzausschuss mehrmals jegliche solcher Diskussion unverschämter Weise als „emotional“.

Wir als Hobby-Politiker sollten uns nicht als Elite fühlen und den Bürgerinnen und Bürgern erzählen, was sie zu denken haben. Und wenn es populistisch ist, Herr Drinkuth, hier im Hause zu sagen, was die Menschen bewegt, dann nehme ich dies für mich persönlich als Auszeichnung.

Das Wort was am häufigsten nach der Finanzausschusssitzung am Montag von Seiten der Bürgerinnen und Bürger, die an der Sitzung teilnahmen, zu hören war, war: „Arroganz“. Sie bezogen sich auf die Arroganz der CDU-Fraktion, wie sie mit den Problemen der Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt umgeht. Dies kam nicht von mir, Herr Drinkuth, entgegen ihres Vorwurfes soeben an mich.

Sie als CDU-Fraktion diskutieren am Thema vorbei, statt sich der Probleme anzunehmen. Dabei sind sie scheinbar geblendet vor ihren eigenen „Leuchtturmprojekten“, wie der Sanierung der Oelder Innenstadt.

Aus dem Nichts werden im Finanzausschuss innerhalb von Sekunden 150.000 Euro für die Innenstadtumgestaltung eingestellt und plus 30.000 Euro soeben nachgeschoben. 150.000 Euro, die nach dem beschlossenen Masterplan wahrscheinlich 5 bis 6 Millionen Euro Folgeinvestitionen nach sich ziehen werden.

Sie scheinen kein Gefühl mehr dafür zu haben, worauf es den Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt wirklich ankommt.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Wir wollen und werden die Menschen nicht im Regen stehen lassen. Weder an der Realschule bei undichten Decken noch in den Baugebieten des Oelder Nordens wo die Bewohner seit Jahren unter nassen Kellern leiden.

Die Einrichtung des neuen Baugebiets Benningloh II bedeutet unstrittig eine erhöhte Hochwassergefahr für das bereits existierende Baugebiet Benningloh I. Stehen doch deren Keller regelmäßig bei stärkeren Regenfällen voll mit Wasser.
Und da reicht es nicht aus, zu sagen, die Leute hätten eigentlich „rechnerisch“ keine Probleme. Nur bei extremen Regenfällen der Sorte „Drei- oder Zehnjahresereignisse“. Wenn dem so wäre, dann fragen wir uns, warum überlegen wir uns im neuen Baugebiet Benningloh II größere hydraulische Maßnahmen? Wollen wir damit vorhandene Probleme durch die Hintertür lösen, nur damit wir nicht zugeben müssen, dass es massive Probleme im Benningloh I gibt?

Da wir alle keine Hydrotechniker sind, wäre es dringend erforderlich, einen vereidigten Sachverständigen zu beauftragen, der die jahrelangen Erfahrungen der Anwohner berücksichtigt. Es geht hier auch um eine vertrauensbildende Maßnahme. Es geht um so etwas wie eine Mediation. Wir nehmen als SPD so etwas sehr ernst. Andere Fraktionen scheinen das eher auf die leichte Schulter zunehmen und lehnen ein solches Verfahren als „emotional“ begründet ab.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Betrachten wir nun den Umbau der Realschule.
Was sollen die Eltern, Lehrer und Schüler von einer Planung halten, die noch im Jahre 2014 sagte, wir geben 3,5 Millionen Euro am Gebäude der Realschule aus, damit dieses 2016 fertig ist? Diese Eltern hören dann 2015, dass wir das Geld erst bis 2017 ausgeben, sprich der Umbau erst dann fertig gestellt werden soll. Und nun im Jahre 2016 lesen wir im Haushalt, dass für diese Baumaßnahmen Mittel bis 2019 veranschlagt sind.
Glauben Sie allen Ernstes das alles trägt zur Vertrauensbildung bei?

Wir müssen den politischen Willen haben die Baumaßnahme am Realschulgebäude zügig und schnell zu beenden. Wir müssen für die derzeit 763 Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule ein politisches Zeichen setzen, dass wir es ernst meinen mit der Fertigstellung der Gesamtschule. Und damit meinen wir nicht – wie es die CDU propagiert – etwas „Luxuriöses“, sondern Grundvoraussetzungen für einen sach- und fachgerechten pädagogischen Unterricht.

Verzögerungen und Neuerungen können bei großen Baumaßnahmen immer wieder auftauchen, aber nicht über so einen langen Zeitraum – wir sind hier nicht am Berliner Flughafen.
Hier muss die Stadtverwaltung die Maßnahmen intensiver vorantreiben. Und sagen sie uns nicht immer, sie hätten dafür kein Personal. Denn ich bezweifle, dass die Planungen für die Innenstadt, die Planungen für den Pendlerparkplatz, die Diskussion um einen „Markenkern“ der Stadt oder das neue Baugebiet oder die gerade beauftragte Büchereibegutachtung so einen hohen Stellenwert haben im Vergleich zu den Menschen, die maßgeblich die Oelder Zukunft darstellen.

Die Absolventen der Gesamtschule sind die zukünftigen Fachkräfte für unsere Oelder Wirtschaft und unseren Oelder Handel. Sie sind diejenigen, die für unsere Unternehmen vor Ort z.B. die Maschinen bauen, die im Anschluss in die gesamte Welt exportiert werden.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Sie tragen die politische Verantwortung durch Ihren Beschluss des doppelten Standorts für die Gesamtschule. Also müssen Sie in erster Linie dafür Sorge tragen, dass diese Maßnahmen so schnell und so gut wie möglich erfolgen und nicht hier auf Zeit spielen. Dass tun sie nämlich nicht auf Kosten der SPD, sondern auf dem Rücken der Schülerinnen und Schüler.
Verlässlichkeit verstehen wir anders. Und für Verlässlichkeit sitzen wir hier.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Verlässlichkeit, Vertrauen, Verantwortung

wir haben ja vor einigen Minuten bereits über einen neuen Pendlerparkplatz debattiert. Dennoch: auch hier wurden die berechtigten Einwände der Bürger ignoriert. Es reicht nicht aus in einer Vorlage Vor- und Nachteile aufzulisten. Man muss die einzelnen Aspekte auch gewichten. Für uns ist die Belastung der Anwohner ein viel gewichtigeres Argument als zum Beispiel der angeblich weitere Weg zum Bahnhof. Es ist auch vollkommen falsch zu behaupten, die Verkehrsbelastung wäre gleich. Durch die eben beschlossene Variante werden viel mehr Menschen durch den Verkehr belastet.

Wir Sozialdemokraten sitzen hier im Rat damit diese Bürger eine Stimme erhalten. Und wir werden weiterhin unsere Stimme erheben und uns nicht damit abfinden nur weil die jetzige Ratsmehrheit es so will.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Vor dem Sommer haben wir gemeinsam versucht die Aufgaben von Forum zu beleuchten und zu ändern. Ein vorgeschlagenes Szenario war auch die mögliche Auflösung von Forum Oelde. Dazu hätte es einer fundierten Auskunft der Steuerbehörden bedurft um die tatsächlichen steuerlichen Risiken einschätzen zu können. Konsens war, das Jahr 2017 als „Übergangsjahr“ für Forum zu betrachten. Hier werden nun rund 30% mehr Mittel veranschlagt. Aber die mögliche Alternative der Auflösung wird nun nicht einmal mehr in Erwägung gezogen. Unser Antrag wurde durch die Mehrheit dieses Hauses abgelehnt. Damit bleibt alles beim Alten.

Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
meine sehr geehrten Damen und Herren,
Ich zitiere unsere Rede zur letzten Haushaltsverabschiedung:
„Denn, meine Damen und Herren, es ist nicht unsere primäre Aufgabe die Sorgen und Ängste von Bürgerinnen und Bürger … „ernst“ zu nehmen. Unsere primäre Aufgabe ist es diese Sorgen zu beseitigen und die Ängste zu nehmen. Das ist Aufgabe von Politik, wie wir sie als SPD verstehen.“

Und genau das tun wir in diesem Haushalt nicht.

Sollte einer der nachfolgenden Redner unsere Rede zum Haushalt als „zu emotional“ einstufen, dann kann ich, können wir, damit gut leben. Denn es geht nicht immer nur um Zahlen, sondern es geht um die Menschen dieser Stadt – und da sind wir als SPD wahrlich nicht emotionslos.

Meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister die SPD-Fraktion im Rat der Stadt Oelde lehnt daher den Haushalt 2017 mit seinen Anlagen ab.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.