Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Bürgermeister Knop,
2012 könnte vielleicht in vielen Dingen als ein historisches Jahr bezeichnet werden – auch für Oelde.
2012 stimmen Oelder Eltern mit überwältigender Mehrheit für die Einrichtung einer Gesamtschule in Oelde. Unsere Position und unsere Haltung zu diesem Thema sind ja schon historisch, urkundlich manifestiert. Daher sage ich hier nur: Danke.
Auch in 2012: Erstmals in der Geschichte von Wahlen in Deutschland wird die SPD stärkste Partei in Oelde.
Sportlich 2012: Wir weihen einen hervorragenden Platz für unsere Sportler ein. Für Fußballer, Hockeyspieler und unserem Schulsport und Sebastian Vettel wird 2012 der jüngste Dreifach-Weltmeister der Formel 1 Geschichte.
Nach jahrelanger Debatte und Hinhaltetaktik durch den früheren Bürgermeister, beschließt dieser Rat 2012 einstimmig, einen vollkommen neuen Standort für unsere Feuerwehr zu bauen. Gut so.
Und:
Die fast schon „Bauruine“ zu nennende Immobilie des Kaufhauses Oelde Mitte wird in 2012 endlich abgerissen, ein Neubau entsteht.
Eine weitere Anmerkung: 10 Jahre nachdem mit Beatrix Koch die erste Frau als Fraktionsvorsitzende eine Haushaltsrede hielt, hält 2012 erstmals ein Migrant, ein nicht-deutscher Oelder, eine Haushaltsrede in Oelder Rat. Eine große Ehre für mich, eine klitze-kleine Stufe hin zu einem modernen Deutschland und einem modernen Oelde.
Da könnten wir – und auch ich – eigentlich zufrieden sein, mit uns als Rat. Wir könnten gerne auf 2012 zurückblicken, zumal auch noch Spanien als erstes Team überhaupt erfolgreich den Europameistertitel im Fussball verteidigte. 2012 also ein gutes Jahr?!
Positiv: Die Verwaltung bringt von der CDU abgelehnte Anträge gerne- nach einer Bedenkzeit von ein paar Jahren – als Verwaltungsvorschlag wieder ein. Dieses Jahr freut es uns, dass Teile unseres mit der FWG und den Grünen vor drei einhalb Jahren eingebrachten Antrags, mit einem integrierten Ansatz in der Schul- und Sozialarbeit nun von der Verwaltung umgesetzt werden wird. Danke.
Weitere positive Aspekte. Wir prognostizieren in 2012 für das nächste Haushaltsjahr die höchste Steuereinnahme für die Stadt Oelde seit Einführung des NKF. Insgesamt 38.841.000 Euro.
Gegenüber dem Krisenjahr 2010, eine Steigerung von mehr als 11,5 Millionen Euro. Hierfür an alle Bürgerinnen und Bürger, dem Oelder Handel, der Oelder Industrie und Gewerbe und allen weiteren Menschen im Land und Bund, die uns diese Einnahmen ermöglichen. Danke.
Für die interessierte Öffentlichkeit: die SPD hat diesmal gut zwanzig haushaltswirksame Anträge gestellt. Zwei davon hätten den Haushalt negativ belastet: einer davon ist angenommen worden: Die Versorgung des Ratstraktes mittels W-LAN. 2.000 Euro setzt die Verwaltung hierfür an. Recht üppig unseres Erachtens und wir hoffen, dass nicht zu viele Haushaltsansätze so generös ausgestattet sind.
Der andere eine Befragung der Oelderinnen und Oelder zur Zukunfts des Forums und dies zeitgleich mit der Bundestagswahl, um Kosten zu sparen – abgelehnt.
Sicherlich muss man in einer Demokratie Kompromisse eingehen und sicherlich kann man als Minderheitsfraktion nicht den Anspruch erheben, alle Anträge stießen auf volle Gegenliebe der anderen Fraktionen.
Aber
– und hier meine Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister, beginnen nun die unangenehmen Seiten unserer Stellungnahme –
aber, die Mehrheit dieses Hauses beschließt unter anderem auch die höchste Schuldenaufnahme seit der Einführung des Neuen Kommunalen Finanzmanagements:
Die gigantische Summe von
9.536.300 Euro
bei Haushaltseinbringung wurde durch die Mehrheit dieses Rates nicht etwa vermindert. Nein –
Die Wünsche der Ausgabenmehrheit dieses Hauses erhöhen die geplante Schuldenaufnahme nochmals um 102.750 Euro auf nun
9.639.050 Euro.
Eigentlich sind es sogar Wünsche von 287.750 Euro. Aber wenigstens zwei unserer zahlreichen Finanzierungsvorschläge wurden durch dieses Haus angenommen. Womit wir dann wenigsten die kleine Einsparsumme von 185.000 Euro zur Verringerung der Schuldenaufnahme erreichen konnten.
Vielleicht ein bisschen deutlicher und plastischer:
Dieser Rat plant pro Oelder Einwohnerin und Einwohner im nächsten Jahr eine Aufnahme neuer Schulden in Höhe von
329 Euro und 96 Eurocent.
Diese fast 9,7 Millionen Euro werden uns 2014 eine zusätzliche Zinsbelastung von wahrscheinlich mehr als 200.000 Euro einbringen. Wenn man bedenkt, dass wir bei der ersten Beratung dieses Haushaltes knappe 19.000 Euro vor dem drohenden Haushaltssicherungskonzept standen schon eine Nummer.
Erlauben Sie uns, dass wir hier an der Leinwand einige alte Beschlüsse in Erinnerung rufen. Nicht nur aus nostalgischen Gründen.
Nun wollen wir nicht verhehlen, dass manche dieser Investitionen von fast 10 Millionen Euro durchaus sinnvoll und teils alternativlos sind.
Aber, es hätte unsere Pflicht sein müssen, alles, aber auch wirklich alles, was irgendwie – wenn auch mit Bauchschmerzen – vermeidbar gewesen wäre, eben NICHT durch Schulden zu finanzieren.
Drei Dinge:
Die Mikrofonanlage hier im Ratssaal,
der 2. Bauabschnitt an der Herzebrocker Straße und
der derzeit nicht sinnvolle Ausbau des Landhagens als Autobahnzubringer.
Zusammen wären dies 1.782.000 Euro weniger Schulden gewesen. Hierfür hätten wir dann 2014 auch gut 40.000 Euro weniger Zinsen gezahlt.
Dies hätte unsere „freie Spitze“ bis zum HSK im Jahr 2014 um ca. 22% vergrößert. Zwar wären die dann ca. 224.000 Euro immer noch lächerlich wenig – aber zumindest weitaus mehr als die erwähnten 19.000 Euro bei der ersten Beratung.
Ideen und Mut wären gefragt, um unsere eigene Beschlusslage umzusetzen.
Aber wo bleiben hier die „Visionen“?? Die, der größten Fraktion dieses Hauses und die, der, im letzten Wahlkampf als „Sparpartei“ angetretenen, FWG?
Wie wurde doch der Vorsitzende des Planungsausschusses zitiert: „Wenn man mal spinnt, können tolle Dinge herauskommen. Wir müssen hier Visionen entwickeln.“
Ja, tun Sie das doch!
Aber vor allem beim Einsparen. Und nicht beim Bauen von vollkommen unnötigen Aussichtsplattformen auf Bahnhöfen. Die braucht kein Mensch und die kosten uns nur wieder Geld, das wir nicht haben! Nutzen Sie doch bitte diese Energie um endlich mal einen zukunftsweisenden Vorschlag zum Haushalt unserer Stadt beizutragen.
Uns würde es auch mehr Spass machen, über sagen wir mal: eine überdachte Innenstadt oder ein Veranstaltungszentrum bei Holz-Stoll, oder einen Freizeitpark bei Hammelmann oder kostenloses Mittagessen für alle Kinder oder eine zentrale Mensa
oder wer weiss noch zu „spinnen“. Doch wir quälen uns wochenlang in ermüdenden Sitzungen durch diese 700 Seiten. Fragen Sie mal unsere Schülerinnen und Schüler vom “Beweg was!“-Projekt.
Ach ja, und da ich gerade dabei bin: Wir finden es eine ziemliche Zumutung und Unverfrorenheit vor allem der CDU, anscheinend unvorbereitet in die Haushaltsdiskussion zu gehen. Es gibt hier im Rat Fraktionen, die sich die Arbeit machen, ihre Fragen und Anträge schriftlich vorab allen zukommen zu lassen.
Die Verwaltung gibt sich wirklich alle Mühe – und mein Dank hier nochmals an das Team um Herren Schmid du Herrn Höpker – diese Fragen und Anträge schriftlich zu kommentieren. Alles wird schnellstens und unmittelbar an alle Ratsmitglieder versandt. Bravo.
Und da haben Teile der CDU wohl nicht die Muße, dies vorher zu studieren und sich als Fraktion eine Meinung zu den Sachverhalten zu bilden. Dann hat man natürlich Zeit für „Visionen“. Dröge Kleinarbeit ist nicht so Ihre Sache, scheint’s. Ob das von der CDU angekündigte Konzept um, Zitat – „ die Meinungs- und Kompetenzführerschaft auf den wichtigsten Politikfeldern Finanzen, Wirtschaft, Schule, Bildung und Soziales deutlicher herausarbeiten“ schon existiert, entzieht sich unserer Kenntnis. Hier im Rat fällt es jedenfalls nicht auf.
Aber bei einem ist die Ausgabemehrheit des Rates doch fix: Wenn es um das Abgreifen irgendwelcher Zuschussprojekte geht, dann, ja dann simma dabei.
Reflexartig wird beim Satzteil: „es gibt Zuschüsse von…“ sofort spontan nach einer Lösung gesucht, um das Geld irgendwie zu verbuddeln. Da muss man zwar noch einen Teil Eigenmittel dazusteuern, aber man bekommt es ja billiger. Getreu dem Motto: Ich brauch zwar keine zweite Schrankwand aber bei Möbel Meier gab’s 3.000,- Euro geschenkt. Dabei handelt es sich aber auch um unser aller Steuergeld.
Ein Beispiel ist die Erarbeitung eines Dorfentwicklungskonzeptes, bei dem es nach einer konkreten Angebotsanfrage eine Kostensteigerung von über 50% gab. Es könnten aber Fördermittel fliessen.
Der Landhagen mit Kreisverkehr ist so ein weiteres, zwar bereits oft erwähntes, aber immer noch schönes Beispiel.
Wir brauchen keinen Ausbau de-luxe, den sich Oelde jahrzehntelang geleistet hat. Selbst wenn man mit grossen Spediteuren spricht, haben diese derzeit kein Problem mit dem jetzigen Landhagen. Der Autobahnzubringer des Kreises kommt vorerst nicht, laut Stellungnahme unserer Verwaltung im Finanzausschuss. Und der Kreis hat auch noch keinen Zuschussbescheid vom Land. Aber wir bauen. Zuschuss – bewilligt – her mit dem Asphalt. Und dann noch ein Radweg – wegen des Zuschusses, und ein Kreisverkehr, soll ja auch demnächst eine Kreisstraße werden.
Diese kreditfinanzierten 2,2 Millionen in den nächsten Jahren kosten uns die jährliche Zinslast von beinahe 70.000 Euro. Mal sehen wo wir die im Ergebnisplan gegenfinanzieren.
Doch ich hör’ schon wieder das Knurren und Murren: Unser Haushalt wäre doch, wenn die, ach so böse Landesregierung und so weiter und so weiter… Wir armen kreisangehörigen Städte. Alles nur für die Großstädte. Böse SPD.
Mal ganz im Ernst: glauben Sie wirklich an Ihre Wehklagen? Will einer hier aus der Verwaltung oder auch nur eine Ratskollegin oder Ratskollege mit Gemeinden und Städten wie Altena, Wuppertal, Recke, Leverkusen, Werl, Oberhausen, Porta Westfalica oder Übach-Palenberg oder Ähnlichen tauschen?
Gehen Sie mal in einer stille Stunde in sich. Die Weihnachtszeit steht ja vor der Tür. Und überlegen Sie mal ganz scharf, ob Sie unter diesen Bedingungen wirklich Schlüsselzuweisungen haben wollen. Denn, auch wenn Sie es nicht wahrhaben wollen: Die Schlüsselzuweisungen sind – wie auch der Länderfinanzausgleich – dazu da, gleichmäßige Lebensverhältnisse in allen Orten und Regionen zu ermöglichen.
Und Sie wissen ganz genau, dass dieser von ihnen beklagte Soziallastenansatz der Schlüsselzuweisungen, bereits von der schwarz-gelben Zwischenregierung in NRW hätte eingeführt werden MÜSSEN. Das hat sie aber – verfassungswidrig – NICHT getan.
Ich könnte noch einiges zur Methodik und Gerechtigkeit des GFG sagen, spare mir dies, um meine Redezeit und Ihre Geduld nicht unnötig zu strapazieren.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sehr geehrter Herr Bürgermeister,
Unschwer zu erraten nach dieser Rede: Die SPD Fraktion lehnt u. a. aufgrund der hohen Neuverschuldung den Haushalt 2013 mit seinen Anlagen ab.
Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.